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1.3.3 Desorption, Diffusion, Permeation und Lecks

Außer Wasser können auch noch andere Stoffe wie Betriebsmittel der Vakuumpumpen an Oberflächen adsorbiert werden. Es diffundieren ebenfalls Stoffe aus den Metallwänden heraus, die man im Restgas nachweisen kann. Bei besonderen Anforderungen kann man Edelstahlbehälter unter Vakuum ausglühen und so den größten Teil der flüchtigen Bestandteile aus den Metallwänden austreiben.

Desorption

An den Innenflächen des Rezipienten werden durch Adsorption und Absorption Gasmoleküle (vorwiegend Wasser) gebunden, die unter Vakuum nach und nach wieder abgegeben werden. Die Desorptionsrate der Metall- und Glasoberflächen in einer Vakuumanlage führt zu einem Gasanfall, der mit der Zeit mit niedriger werdender Bedeckungsrate abnimmt. In guter Näherung kann davon ausgegangen werden, dass die Abnahme ab einem Zeitpunkt $t \gt t_0$ linear mit der Zeit erfolgt. $t_0$ wird typisch mit einer Stunde angenommen.

Der Desorptionsstrom lässt sich damit beschreiben als

\[Q_\mathrm{des}=q_\mathrm{des}\cdot A\cdot\frac{t_0}t\]

Formel 1-32: Desorptionsstrom

$Q_\mathrm{des}$ Desorptionsstrom [Pa m3 s-1]
$q_\mathrm{des}$ Desorptionsstromdichte (flächenspezifisch) [Pa m3 s-1 m-2]
$A$ Fläche [m2]
$t$ Zeit [s]

Diffusion mit Desorption

Bei Betrieb unterhalb 10-6 hPa erhält die Desorption von Kunststoffoberflächen, insbesondere bei Dichtungen, größere Bedeutung. Kunststoffe geben hauptsachlich die in ihnen gelösten Gase ab, die zunächst an die Oberfläche diffundieren müssen. Nach längeren Abpumpzeiten kann daher die Desorption aus Kunststoffen über die der Metalloberflächen dominieren. Die Oberfläche der Dichtungen ist verhältnismäßig klein, die zeitliche Abnahme der Desorptionsrate ist jedoch langsamer als bei Metalloberflächen. Näherungsweise kann davon ausgegangen werden, dass die zeitliche Abnahme mit der Wurzel aus der Zeit erfolgt.

Der Gasanfall durch Kunststoffoberflächen lässt sich beschreiben als:

\[Q_\mathrm{diff}=q_\mathrm{diff}\cdot A_d\cdot\sqrt\frac{t_0}t\]

Formel 1-33: Desorptionsstrom aus Kunststoffen

$Q_\mathrm{diff}$ Diffusionsstrom [Pa m3 s-1]
$q_\mathrm{diff}$ Diffusionsstromdichte (flächenspezifisch) [Pa m3 s-1 m-2]
$A_d$ Oberfläche der Kunststoffe im Behälter [m2]
$t$ Zeit [s]

Ähnliche Effekte treten bei noch tieferen Drücken auch bei Metallen auf, aus denen Wasserstoff und Kohlenstoff in Form von CO und CO2 austreten und im Restgasspektrum zu sehen sind. Hierfür gilt ebenfalls Formel 1-33.

Permeation und Lecks

Dichtungen und sogar Metallwände können von kleinen Gasatomen und -molekülen wie z. B. Helium durch Diffusion durchdrungen werden. Dieser Prozess ist zeitunabhängig, führt also zu einer dauernden Erhöhung des angestrebten Enddruckes. Der Permeationsgasstrom ist proportional zum Druckgradienten über die Wandstärke und einer materialabhängigen Permeationskonstanten.

\[Q_\mathrm{perm}=k_\mathrm{perm}\cdot A\cdot\frac{p_a}d\]

Formel 1-34: Permeation

$Q_\mathrm{perm}$ Diffusionsstrom [Pa m3 s-1]
$p_a$ Druck außerhalb des Behälters [Pa]
$d$ Wanddicke [m]
$A$ Oberfläche des Behälters [m2]
$k_\mathrm{perm}$ Permeationskonstante [m2 s-1 ]

Permeation wird erst bei Drücken unter 10-8 hPa merkbar.

Mit $Q_L$ bezeichnet man die Leckrate, also einen Gasstrom, der durch Undichtigkeiten in das Vakuumsystem einströmt. Die Leckrate ist definiert als Druckanstieg pro Zeit in einem gegebenen Volumen:

\[Q_L=\frac{\Delta p\cdot V}{\Delta t}\]

Formel 1-35: Leckrate

$Q_L$ Leckrate [Pa m3 s-1]
$\Delta p$ Druckänderung während der Messzeit [Pa]
$V$ Volumen [m3]
$\Delta t$ Messzeit [s]

Wird der Behälter dauernd mit dem Saugvermögen $S$ ausgepumpt, so stellt sich ein Gleichgewichtsdruck $p_\mathrm{eq}$ ein, wenn die Saugleistung (Formel 1-16) gleich der Leckrate ist $Q_L = S\cdot p_\mathrm{eq}$.

Eine Anlage gilt als hinreichend dicht, wenn der Gleichgewichtsdruck $p_\mathrm{eq}$ etwa 10 % des Arbeitsdrucks beträgt. Soll beispielsweise ein Arbeitsdruck von 10-6 hPa erreicht werden und hat die verwendete Vakuumpumpe ein Saugvermögen von 100 l s-1, sollte die Leckagerate nicht mehr als 10-6 Pa m3 s-1 betragen.

Leckageraten $Q_L$ < 10-9 Pa m3 s-1 sind in sauberen Edelstahlbehältern in der Regel leicht erreichbar.

Der nach einer bestimmten Zeit $t$ erreichbare Enddruck hängt von allen oben beschriebenen Effekten sowie vom Saugvermögen der Vakuumpumpe ab. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Enddruck gegen den Basisdruck der Vakuumpumpe groß ist.

\[Q_\mathrm{des}(t) + Q_\mathrm{diff}(t) + Q_\mathrm{perm} + Q_L = p(t)\cdot S\]

Formel 1-36: Enddruck als Funktion der Zeit

Für eine bestimmte Pumpzeit $t$ kann man die einzelnen Gasströme und daraus resultierenden Drücke durch Einsetzen in Formel 1-36 und Auflösen der Gleichungen nach der Zeit berechnen. Der erreichbare Enddruck ist die Summe dieser Drücke.