4.7.1 Aufbau / Funktionsprinzip

Das Funktionsprinzip einstufiger Wälzkolbenpumpen entspricht dem in Kapitel 4.5 beschriebenen Funktionsprinzip mehrstufiger Pumpen. In der Wälzkolbenvakuumpumpe drehen sich zwei gegenläufig synchron laufende Rotoren (4) berührungslos in einem Gehäuse (Abbildung 4.16). Die Rotoren haben die Form einer „Acht“ und sind gegeneinander und vom Stator durch einen engen Spalt getrennt. Die Wirkungsweise entspricht einer Zahnradpumpe mit je einem Zahnrad mit zwei Zähnen, die Gas von der Ansaugöffnung (3) zur Auslassöffnung (12) fördert. Eine Welle wird durch einen Motor (1) angetrieben. Die Synchronisation der anderen Welle erfolgt über ein Zahnradpaar (6) im Getrieberaum. Die Schmierung beschränkt sich auf die beiden vom Schöpfraum (8) durch Labyrinthdichtungen (5) mit Kolbenringen abgetrennten Lager- und Getrieberäume. Da im Schöpfraum keine Reibung auftritt, kann die Wälzkolbenvakuumpumpe mit hoher Drehzahl betrieben werden (1.500 – 3.000 U · min-1). Das Fehlen hin- und hergehender Massen erlaubt zudem eine einwandfreie dynamische Auswuchtung, sodass die Wälzkolbenvakuumpumpe trotz hoher Drehzahlen sehr ruhig läuft.

Aufbau

Die Lager der Rotorwellen sind in den beiden Seitenteilen angeordnet. Auf der einen Seite sind sie als Festlager, auf der anderen mit verschiebbarem Innenring ausgeführt, um die ungleichen Wärmedehnungen zwischen Gehäuse und Kolben zu ermöglichen. Die Schmierung der Lager erfolgt mit Öl, das durch Spritzscheiben zu den Lagern und Zahnrädern gefördert wird. Die Durchführung der Antriebswelle nach außen wird bei den Standardausführungen mit durch Sperröl überlagerten Radialwellendichtringen aus FKM abgedichtet. Zur Schonung der Welle laufen die Dichtringe auf einer Schonbuchse, die bei Verschleiß ausgewechselt werden kann. Wenn eine hermetische Abdichtung nach außen erforderlich ist, kann die Pumpe auch über eine Permanentmagnetkupplung mit Spaltrohr angetrieben werden. Man erreicht hiermit Leckageraten $Q_l$ < 10-6 Pa m3 s-1.

Pumpeigenschaften, Erwärmung

Da Wälzkolbenpumpen keine innere Verdichtung und kein Auslassventil haben, schlägt bei Öffnung des Schöpfraumes zum Auslass hin dessen Gasvolumen in den Schöpfraum zurück und muss dann gegen den Auslassdruck wieder ausgestoßen werden. Durch diesen Effekt wird, besonders bei hoher Druckdifferenz zwischen Ein- und Auslass, eine hohe Verlustleistung erzeugt, die bei geringem Gasstrom, der nur geringe Wärmemengen transportiert, zu einer starken Erwärmung der Pumpe führt. Die rotierenden Wälzkolben können, verglichen mit dem Gehäuse, nur relativ schlecht gekühlt werden, da sie praktisch vakuumisoliert sind. Daher dehnen sie sich stärker aus als das Gehäuse. Um ein Berühren oder gar ein Festlaufen zu vermeiden, wird die maximal mögliche Druckdifferenz und damit die Verlustleistung durch ein Überströmventil (7) begrenzt. Es ist durch Kanäle mit der Saugseite und der Druckseite der Pumpe verbunden. Ein gewichtsbelasteter Ventilteller öffnet bei Überschreitung der maximalen Druckdifferenz und lässt, je nach Gasanfall, einen mehr oder weniger großen Teil des angesaugten Gases von der Druck- zur Saugseite zurückströmen. Wegen der begrenzten Druckdifferenz können Standard-Wälzkolbenpumpen nicht gegen Atmosphäre ausstoßen und benötigen eine Vorpumpe. Jedoch können Wälzkolbenvakuumpumpen mit Überströmventil schon bei Atmosphärendruck zusammen mit der Vorpumpe eingeschaltet werden und erhöhen von Anfang an deren Saugvermögen. Dadurch werden die Evakuierungszeiten verkürzt.

Funktionsprinzip einer Wälzkolbenpumpe

Abbildung 4.16: Funktionsprinzip einer Wälzkolbenpumpe

Vorpumpen

Als ölgeschmierte Vorpumpen werden ein- oder zweistufige Drehschieber- oder Sperrschieberpumpen verwendet. Als trockene Vorpumpen können Schraubenpumpen oder mehrstufige Wälzkolbenpumpen eingesetzt werden. Solche Pumpkombinationen sind einsetzbar für alle Anwendungen mit hohem Saugvermögen im Grob- und Feinvakuumbereich. Auch Flüssigkeitsringpumpen kann man als Vorpumpen verwenden.

Gasumlaufgekühlte Wälzkolbenpumpen

Um Wälzkolbenvakuumpumpen gegen Atmosphärendruck arbeiten zu lassen, gibt es Modelle ohne Überströmventil mit Gaskühlung (Abbildung 4.17). Hierbei wird Gas, das aus dem Auslassflansch (6) durch einen Kühler (7) strömt, in der Mitte des Schöpfraumes (4) wieder eingelassen. Der künstlich erzeugte Gasstrom kühlt die Pumpe so, dass sie gegen Atmosphärendruck verdichten kann. Die Steuerung des Kaltgaseintritts erfolgt durch die Wälzkolben, sodass keine zusätzlichen Ventile erforderlich sind. Eine thermische Überlastung ist selbst bei Betrieb auf Enddruck ausgeschlossen.

Funktionsprinzip der gasgekühlten Wälzkolbenvakuumpumpe

Abbildung 4.17: Funktionsprinzip der gasgekühlten Wälzkolbenvakuumpumpe

Abbildung 4.17 zeigt eine gasumlaufgekühlte Wälzkolbenvakuumpumpe im Querschnitt. Die Förderrichtung des Gases ist senkrecht von oben nach unten, sodass vom Saugstrom mitgerissene flüssige oder feste Partikel nach unten abfließen können. In Phase I wird durch Drehung der Kolben (1) und (2) der Raum (3) geöffnet. In diesen strömt durch den Saugflansch (5) das Gas mit dem Druck $p_1$. In Phase II wird der Raum 3 sowohl gegen den Saug- als auch gegen den Druckflansch abgeschlossen. Durch Drehung der Kolben wird in Phase III die Einlassöffnung (4) für das Kühlgas freigegeben. Der Raum (3) wird auf den Auslassdruck $p_2$ gefüllt und das Gas in Richtung Druckflansch befördert. Bei der Drehbewegung der Wälzkolben ändert sich das Schöpfvolumen zunächst nicht. Die Kompression des Gases erfolgt durch das einströmende Kühlgas. Nun dreht der Wälzkolben weiter (Phase IV) und schiebt dadurch das jetzt komprimierte Gas mit dem Druck $p_2$ über den Kühler (7) zur Auslassseite zurück (Phase V).

Gasgekühlte Wälzkolbenpumpen können im Ansaugdruckbereich von 130 bis 1.013 hPa eingesetzt werden. Da sie kein Schmiermittel im Schöpfraum haben, stoßen sie keinen Ölnebel aus und verschmutzen das Fördermedium nicht. Durch Hintereinanderschalten zweier solcher Pumpen kann der Enddruck auf 20 bis 30 hPa gesenkt werden. In Kombination mit weiteren Wälz- kolbenvakuumpumpen lässt sich der Enddruck bis in den Feinvakuumbereich verringern.

Saugvermögen und Kompressionsverhältnis

Die charakteristischen Kenndaten von Wälzkolbenvakuumpumpen sind Saugvermögen und Kompressionsverhältnis. Das theoretische Saugvermögen $S_{th}=S_0$ ist der Volumenstrom, den die Pumpe ohne Gegendruck fördert. Das Kompressionsverhältnis $K_0$ beim Betrieb ohne Gasförderung (Saugflansch verschlossen) hängt vom Auslassdruck $p_2$ ab. Die Saugvermögen liegen im Bereich von 200 m³ · h-1 bis zu mehreren 1.000 m³ · h-1. Typische $K_0$-Werte liegen zwischen 10 und 75.

Leerlaufkompressionsverhältnis für Luft von Wälzkolbenpumpen

Abbildung 4.18: Leerlaufkompressionsverhältnis für Luft von Wälzkolbenpumpen

Das Kompressionsverhältnis wird durch zwei Effekte negativ beeinflusst:

  • Durch die Rückströmung in den Spalten zwischen den Kolben und dem Gehäuse
  • Durch Gas, das sich durch Adsorption an die Kolben-oberflächen der Auslassseite anlagert und nach der Drehung zur Saugseite hin wieder desorbiert

Bei Auslassdrücken von 10-2 bis 1 hPa herrscht in den Dichtspalten Molekularströmung, was wegen der niedrigen Leitwerte zu geringer Rückströmung führt. Die durch Adsorption zurückgeförderte Gasmenge, die relativ hoch ist im Verhältnis zum gepumpten Gasstrom, reduziert jedoch das Kompressionsverhältnis.

Im Bereich 1 bis 10 hPa ist $K_0$ am größten, da wegen des niedrigen Einlassdruckes in den Dichtspalten der Pumpe noch Molekularströmung herrscht und deshalb die Rückströmung gering ist. Da der Gastransport durch Adsorption druckunabhängig ist, fällt er gegenüber dem durch das Saugvermögen transportierten, druckproportionalen Gasstrom weniger ins Gewicht.

Bei Drücken über 10 hPa stellt sich in den Spalten Laminarströmung ein und deren Leitwerte vergrößern sich stark, was zu abnehmenden Kompressionsverhältnissen führt. Dieser Effekt macht sich besonders bei gasgekühlten Wälzkolbenpumpen bemerkbar, die nur etwa ein Kompressionsverhältnis von $K_0$ = 10 erreichen.

Die Spaltweiten haben einen großen Einfluss auf das Kompressionsverhältnis. Sie dürfen aber wegen der unterschiedlichen thermischen Ausdehnung von Kolben und Gehäuse bestimmte Mindestwerte nicht unterschreiten, um ein Anlaufen der Kolben zu vermeiden.