5.1.2 Indirekte, gasartabhängige Druckmessung

Mit abnehmendem Druck steigt der erforderliche apparative Aufwand, um die kleiner werdenden Kräfte auf eine Membran zu messen. Andere Messprinzipien, die eine Druckinformation indirekt über die Messung einer Gaseigenschaft liefern, erlauben die Realisierung von Vakuummetern für den Feinvakuumbereich mit geringerem Aufwand. Für den Hoch- und Ultrahochvakuumbereich sind direkt nach der Druckdefinition arbeitende Vakuummeter nicht realisierbar, da die Kräfte auf eine Membran zu gering sind.

Für die Betrachtung der indirekten Druckmessung im Vakuum ist es von Vorteil, von der Vorstellung der Teilchenzahldichte auszugehen. Diese ist nach der Zustandsgleichung für ein ideales Gas $p = n \cdot k \cdot T$ (Formel 1-8) bei konstanter Temperatur dem Druck proportional. Die beiden in der Vakuumtechnik für die Druckmessung genutzten Phänomene sind die Leitung von Wärme und von elektrischem Strom durch das im Messraum des Vakuummeters vorhandene Gas. Jedes Gasteilchen übernimmt einen Teil des Transportes und es ist somit leicht vorstellbar, dass die Dichte und damit der Druck (in gewissen Grenzen) Einfluss auf den Transport haben. Da die Atome bzw. Moleküle der Gase unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, insbesondere verschiedene Massen, liefert die auf diesen Transportphänomenen basierende Druckmessung gasartabhängige Messergebnisse.

Pirani-Vakuummeter (Wärmleitungsvakuummeter)

Beim Pirani-Vakuummeter macht man sich die Wärmeleitfähigkeit von Gasen bei Drücken kleiner ca. 10 bis 100 hPa zunutze. Man heizt einen in einem Rohr zentrisch aufgespannten Draht (meist aus Wolfram) elektrisch durch Stromdurchgang auf eine konstante Temperatur zwischen 110 °C und 130 °C auf. Durch das umgebende Gas wird Wärme vom Heizdraht an die Rohrwand abgeleitet. Der Wärmetransport ist im molekularen Strömungsbereich der Teilchenzahldichte und damit dem Druck proportional. Hält man die Temperatur des Drahtes konstant, so ist dessen Heizleistung druckabhängig. Sie hängt jedoch nicht in allen Bereichen linear vom Druck ab, da Wärmeleitung über die Aufhängung des Drahtes und Wärmestrahlung ebenfalls die Heizleistung beeinflussen.

Funktionsweise des Pirani-Vakuummeters

Abbildung 5.3: Funktionsweise des Pirani-Vakuummeters

Die limitierenden Effekte sind:

  • Im Bereich ab ca. 10 hPa bis Atmosphärendruck (laminarer Strömungsbereich) ist die Wärmeleitung druckunabhängig (die Grenze hängt von der Gasart ab).
  • Bei Drücken unter 10-4 hPa ist die Wärmeleitfähigkeit des Gases klein gegen den Wärmetransport über die Drahtenden und beeinflusst so die Heizleistung des Drahtes nicht mehr. Deshalb liegt die Messgrenze etwa bei 10-4 hPa.
  • Wärmestrahlung überträgt ebenfalls einen Teil der Heizleistung auf die Rohrwand.

Die Abbildung 5.4 zeigt die unterschiedlichen Kennlinien für verschiedene Gase zwischen 10-4 hPa und Atmosphärendruck. Zwar ist bei Stickstoff und Luft noch eine gute Linearität zu erkennen, für leichte (He) und schwere Gase (Ar) zeigen sich jedoch starke Abweichungen. Für Pirani-Vakuummeter werden in den Betriebsanleitungen Korrekturfaktoren angegeben, um den angezeigten Stickstoffäquivalentdruck in den korrekten Druck für das gemessene Gas umzurechnen. Diese Faktoren können in die Steuer- und Anzeigegeräte eingegeben werden, die dann automatisch den korrigierten Druck anzeigen. Diese Korrektur ist nur gültig für den in Abbildung 5.4 linearen Bereich der Kennlinie.

Kennlinien des Pirani-Vakuummeters

Abbildung 5.4: Kennlinien des Pirani-Vakuummeters

Kaltkathoden-Ionisationsvakuummeter

Kaltkathoden-Ionisationsvakuummeter bestehen prinzipiell aus nur zwei Elektroden: Kathode und Anode, zwischen die über einen Vorwiderstand eine hohe Spannung angelegt wird. Die negativ geladenen Elektronen verlassen die Kathode durch Feldemission und bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit von der Kathode in Richtung der Anode. Auf diesem Weg ionisieren sie neutrale Gasteilchen. Damit wird eine Gasentladung gezündet. Der gemessene Gasentladungsstrom (Abbildung 5.5) ist ein Maß für den Druck. Bei gradliniger Bewegung der Elektronen werden jedoch nur wenig Teilchen ionisiert, was zu einer geringen Empfindlichkeit und einem Abbruch der Gasentladung bei etwa 1 hPa führt. Ein Aufbau, der diesen Nachteil vermeidet, ist das invertierte Magnetron nach Hobson und Redhead [28]. Ein Metallstift (Anode) wird von einer rotationssymmetrischen Messkammer (Kathode) umschlossen (Abbildung 5.5). Außen auf die Messkammer ist ein axial magnetisierter zylindrischer Permanentmagnetring aufgesetzt, der im Inneren ein Magnetfeld erzeugt.

Aufbau eines invertierenden Magnetrons

Abbildung 5.5: Aufbau eines invertierenden Magnetrons

Durch das Magnetfeld bewegen sich die Elektronen auf Spiralbahnen (Abbildung 5.6). Die auf diese Weise verlängerten Wege der Elektronen erhöhen die Stoßwahrscheinlichkeit mit den Gasmolekülen und sorgen dafür, dass auch bei Drücken unter 1 hPa noch genügend Ionen erzeugt werden, um die Gasentladung aufrecht zu erhalten. Durch unterschiedliche Ionisationswahrscheinlichkeiten der Gase ist die Druckanzeige von der Gasart abhängig. So wird zum Beispiel bei Helium ein niedrigerer Druck angezeigt als bei Luft.

Funktionsweise des invertierenden Magnetrons

Abbildung 5.6: Funktionsweise des invertierenden Magnetrons

Kaltkathodenvakuummeter können unter folgenden Bedingungen leicht verschmutzen:

  • Wenn das Gerät bei Drücken $p$ > 0,1 hPa eingeschaltet wird.
  • Wenn die Messröhre regelmäßig an einer Argonatmosphäre im Feinvakuumbereich betrieben wird. Bei Anwendungen in Sputteranlagen wird oft Argon verwendet. Dies führt durch Ionenbeschuss zur Zerstäubung der Kathode und kann zu Kurzschlüssen und damit zu Ausfällen der Messröhre führen.
  • Bei Betrieb in Restgasatmosphären, die Kohlenwasserstoffe enthalten.

Es werden auch Gasteilchen an der Kathodenoberfläche festgehalten (gegettert). Damit tritt eine Pumpwirkung auf, die zu einer Verfälschung des Messsignals führt.

Bei der Montage der Messröhre an eine Vakuumanlage muss das Magnetfeld beachtet werden, das empfindliche Apparaturen stören kann, insbesondere solche mit Elektronen- oder Ionenoptiken.

Heißkathoden-Ionisationsvakuummeter

Bei Heißkathoden-Ionisationsvakuummetern werden die Elektronen mithilfe einer beheizten Kathode erzeugt. Abbildung 5.7 zeigt den Aufbau einer Messröhre nach Bayard-Alpert [27]. In der Mitte der zylindrischen, gitterförmigen Anode ist ein dünner Draht angeordnet, der Auffänger für die Ionen. Zwischen Anode und Kathode legt man eine Spannung von etwa 100 V an. Dadurch werden alle emittierten Elektronen in Richtung der Anode beschleunigt. Man misst im Anodenkreis den Emissionsstrom, der über die Heizleistung der Kathode eingestellt werden kann. Auf dem Weg zur Anode werden durch Elektronenstoß Gasmoleküle ionisiert, die auf den Kollektor treffen, der auf Kathodenpotenzial liegt.

Der gemessene Kollektorstrom ist ein Maß für den Druck. Da der Ionenstrom dem Emissionsstrom proportional ist, kann man über letzteren die Empfindlichkeit der Messröhre einstellen.

Aufbau einer Bayard-Alpert Messröhre

Abbildung 5.7: Aufbau einer Bayard-Alpert Messröhre

Mit Bayard-Alpert Vakuummetern können Drücke mit guter Genauigkeit bis 1 · 10-10 hPa gemessen werden. Messfehler sind bedingt durch die Pumpwirkung des Sensors sowie durch zwei limitierende Effekte:

  • Röntgenbremsstrahlung: Durch Elektronen, die auf den Anodenkäfig treffen, wird Röntgenstrahlung emittiert, die zum Teil auf den Kollektor trifft. Durch diesen Röntgeneffekt werden vom Kollektor Photoelektronen emittiert, die zur Anode abfließen. Der resultierende Photoelektronenstrom erhöht den druckabhängigen Kollektorstrom und verfälscht diesen. Deshalb wählt man den Kollektordraht möglichst dünn, damit er nur wenig Röntgenstrahlung auffängt. Die untere Messgrenze bezeichnet man daher auch als Röntgengrenze.
  • EID-Ionen: EID (Electron Impact Desorption, auch ESD, Electron Stimulated Desorption) bedeutet, dass durch Elektronen am Anodenkäfig angelagerte Gasteilchen desorbiert und ionisiert werden. Diese Ionen erhöhen ebenfalls den druckproportionalen Ionenstrom.

Das Heißkathodenvakuummeter misst ebenfalls gasartabhängig. Die Messergebnisse sind aber wesentlich genauer (typischerweise ±10  %) als die des Kaltkathoden-Ionisationsvakuummeters (typischerweise ± 25  %). Bayard-Alpert Vakuummeter werden daher auch gerne als Referenz für Kalibrierungen herangezogen.