2.2.2 Kondensatorbetrieb
Bei vielen Vakuumprozessen (Trocknung, Destillation) werden große Dampfmengen freigesetzt, die abgepumpt werden müssen. Außerdem dringen in große Behälter erhebliche Mengen an Leckluft ein und die Stoffe, die verdampfen oder getrocknet werden geben zusätzlich Luft ab, die in Poren gespeichert oder in Flüssigkeiten gelöst ist.
Bei Trocknungsprozessen kann der Dampf grundsätzlich von einer Vakuumpumpe mit ausreichender Wasserdampfkapazität gegen Atmosphärendruck gefördert werden und dort kondensieren. Dieses Verfahren hat aber folgende Nachteile:
- Die Pumpe muss sehr groß sein
- Es wird eine große Menge Gasballastluft mitgefördert, die zusammen mit dem Dampf eine Menge Ölnebel aus der Pumpe austrägt
- Das entstehende Kondensat aus Wasserdampf und Ölnebel muss kostspielig entsorgt werden
Destillationsprozesse arbeiten mit Kondensatoren und man möchte von dem kondensierenden Destillat möglichst wenig durch die angeschlossene Vakuumpumpe verlieren.
Als Beispiel betrachten wir eine Vakuumkammer mit Trockengut, dem durch Heizen so viel Energie zugeführt wird, dass pro Stunde 10 kg Wasser verdampfen.
Abbildung 2.3: Trocknungsanlage (schematisch)
Außerdem werden noch 0,5 kg Luft pro Stunde abgegeben. Der Druck in der Kammer soll kleiner als 10 hPa sein. Man verwendet zur Trocknung einen Pumpstand nach Abbildung 2.3 und kann so durch Verwendung eines Kondensators auf wirtschaftliche Art und Weise den Dampf kondensieren.
In der Vakuumkammer (1) wird das Trockengut (2) beheizt. Die Wälzkolbenpumpe (3) pumpt das Dampf-Luftgemisch in den Kondensator (4), in dem ein großer Teil des Dampfes kondensiert.
Der Kondensator wird mit Wasser gekühlt. Das kondensierende Wasser von 25 °C steht im Gleichgewicht mit dem Wasserdampfdruck von 30 hPa. Eine weitere Vakuumpumpe (5) fördert den Luftanteil und eine geringe Menge Wasserdampf und stößt das Gemisch gegen Atmosphärendruck aus. Zunächst berechnen wir den Gasstrom, der aus der Kammer austritt: $Q=p_{Rez} \cdot S_1$
Mit dem idealen Gasgesetz nach Formel 1.15 erhalten wir
\[Q=p_{Rez} \cdot S_1 = \frac{R \cdot T}{t} \cdot \left( \frac{m_{Wasser}}{M_{Wasser}} + \frac{m_{Luft}}{M_{Luft}} \right)\]
Formel 2-11: Gasdurchsatz für das Abpumpen von Dämpfen
$T$ | Sauggastemperatur | [K] |
$R$ | Allgemeine Gaskonstante | [kJ kmol-1 K-1] |
$t$ | Zeit | [s] |
$p_{Rez}$ | Druck im Rezipienten | [Pa] |
$m_{Wasser}$ | Masse des Wasserdampfs | [kg] |
$M_{Wasser}$ | Molare Masse des Wassers | [kg mol-1] |
$m_{Luft}$ | Masse der Luft | [kg] |
$M_{Luft}$ | Molare Masse der Luft | [kg mol-1] |
Mit den folgenden Werten
$T$ | Sauggastemperatur | 300 K |
$R$ | Allgemeine Gaskonstante | 8,314 kJ kmol-1 K-1 |
$t$ | Zeit | 3600 s |
$p_{Rez}$ | Druck im Rezipienten | 1000 Pa |
$m_{Wasser}$ | Masse des Wasserdampfs | 10 kg |
$M_{Wasser}$ | Molare Masse des Wassers | 0,018 kg mol-1 |
$m_{Luft}$ | Masse der Luft | 0,5 kg |
$M_{Luft}$ | Molare Masse der Luft | 0,0288 kg mol-1 |
erhalten wir einen Gasdurchsatz für Luft von 12 Pa m3 s-1 und für Wasserdampf von 385 Pa m3s-1, zusammen also 397 Pa m3s-1. Nach Division durch den Ansaugdruck von $p_{Rez}$ von 1000 Pa erhalten wir ein Saugvermögen $S_1$ von 0,397 m3s-1 oder 1429 m3h-1.
Beim Evakuieren des Kondensators soll der Luftpartialdruck maximal 30 % betragen. Also maximal 12,85 hPa. Daraus folgt:
$S_2=\frac{Q_{Luft}}{0,3 \cdot p_{Luft}}$
Mit dem Gasdurchsatz für Luft von 12 Pa m3s-1 und dem Druck von 1285 Pa ergibt sich ein Saugvermögen $S_2$ von 0,031 m3s-1 oder 112 m3h-1.
Wir wählen deshalb eine Hepta 100 als Vorvakuumpumpe, die wegen ihres gegenüber dem berechneten Wert etwas geringeren Saugvermögens einen geringfügig höheren Luftpartialdruck erreicht, und als Walzkolbenpumpe eine Okta 2000 mit den Werten:
$S_0$ | 2065 m³ h-1 |
$\Delta p_d$ | 35 hPa Differenzdruck am Überstromventil |
$K_0$ | 28 bei $p_v$= 43 hPa |
Wir schätzen den Ansaugdruck $p_a$ = 1000 Pa und berechnen$S_1$ nach Formel 2-7.
$S=S_0 \cdot \left[ 1- \frac{1}{K_0} \left( \frac{p_v}{p_a} -1 \right) \right]$
Wir erhalten ein Saugvermögen $S_1$ von 0,506 m3 s-1 oder 1.822 m3 h-1.
Mit $p_a=\frac{Q}{S_1}
und einem Wert für $p_a$ von 785 Pa erhält man den Ansaugdruck in der Trockenkammer, der nochmals eingesetzt in Formel 2-7 das genauere Saugvermögen $S_1$ = 1.736 m³ h-1 liefert bei einem Ansaugdruck von$p_a$ = 823 Pa.
Wir berechnen den Kondensator für eine kondensierende Dampfmenge von 10 kg h-1. Für die Kondensationsfläche gilt
\[A_k= \frac{Q_{Wasser} \cdot m_{Wasser}}{t \cdot \Delta T_m \cdot k} \]
Formel 2-12: Berechnung Kondensationsfläche
$A_k$ | Kondensationsfläche | [m2] |
$Q_{Wasser}$ | Spezifische Verdampfungsenthalpie | [Ws kg-1] |
$m_{Wasser}$ | Masse des Wasserdampfs | [kg] |
$\Delta T_m$ | Temperaturdifferenz Dampf / Kondensationsfläche | [K] |
$k$ | Wärmeübergangszahl | [W m-2 K-1] |
Mit den folgenden Werten
$Q_{Wasser}$ | 2,257 ⋅ 106 Ws kg-1 |
$m_{Wasser}$ | 10 kg |
$t$ | 3600 s |
$\Delta T_m$ | 60 K |
$k$ | 400 W m-2 K-1 |
erhalten wir als Kondensationsfläche $A_k$ einen Wert von 0,261 m2.
Der Dampf wird durch die nahezu adiabatische Kompression um mehr als 100 K erwärmt, jedoch auf dem Weg zum Kondensator wieder abgekühlt. Also ist die Annahme von $\Delta T_m$ = 60 K recht konservativ. Die Wärmedurchgangszahl $k$ [20] nimmt mit steigendem Inertgasanteil stark ab, was zu einer größeren Kondensationsflache führt. Umgekehrt kann bei geringerem Inertgasanteil, also größerer Vorpumpe mit kleinerer Kondensationsfläche gearbeitet werden. Man sollte besonders auf kleine Leckraten achten, da diese auch den Inertgasanteil erhöhen.
Für weitere technische Einzelheiten sei auf die weiterführende Literatur verwiesen [21].
Abbildung 2.4: Wälzkolbenpumpstand zur Dampfkondensation
Betrachten wir der Vollständigkeit halber nochmals den gesamten Ablauf des Trocknungsprozesses: zunächst stellt sich in der Trockenkammer ein Gleichgewichtsdruck ein, der sich aus der verdampfenden Wassermenge, verursacht durch die Beheizung des Trockengutes und dem Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe ergibt.
Der Wasserdampf wird von der Wälzkolbenpumpe in den Kondensator gefördert, wo er kondensiert. Da dort Laminarströmung herrscht, transportiert der Dampfstrom das aus dem Trockengut frei werdende Inertgas in den Kondensator.
Würde man die Vorpumpe abstellen, so käme in kurzer Zeit der gesamte Kondensationsprozess zum Erliegen, da der Dampf die Kondensationsfläche nur noch durch Diffusion erreichen könnte. Nach fortgeschrittener Trocknung sinkt die Dampfmenge und im Kondensator wird weniger kondensiert, jedoch wird der Dampfanteil, den die Vorpumpe absaugt eher größer, falls der Inertgasanteil abnimmt. Sinkt der Dampfdruck im Kondensator unter die Kondensationsgrenze, so setzt Rückverdampfung des Kondensates ein. Dies kann verhindert werden, wenn das Kondensat über ein Ventil in einen Kondensatsammelbehälter abfließt und das Ventil bei Unterschreiten des Kondensationsdruckes geschlossen wird.
Bei großen Destillationsanlagen sollte das Saugvermögen der Vorpumpe über die Kondensationsrate geregelt werden. Dies kann z. B. mit Hilfe einer Dosierpumpe geschehen, welche die geförderte Kondensatmenge gleichmäßig aus dem Sammelgefäß austrägt. Sinkt der Flüssigkeitsspiegel im Sammelgefäß unter ein bestimmtes Niveau, so wird das Saugventil der Vorvakuumpumpe geöffnet und das Inertgas, das sich im Kondensator angesammelt hat, wird abgepumpt. Nun erhöht sich die Kondensationsrate wieder, der Flüssigkeitsspiegel steigt und das Saugventil der Vorpumpe wird wieder geschlossen. Auf diese Art wird nur bei zu geringer Kondensationsrate gepumpt und es geht wenig Kondensat verloren.
Zusammenfassung:
Beim Abpumpen von Dämpfen (Trocknung, Destillation) kann die wesentliche Pumpleistung von einem Kondensator aufgebracht werden. Je nach Druck und Temperaturverhältnissen kann man einen oder zwei Kondensatoren verwenden (Abbildung 2.4). Der Kondensator zwischen Wälzkolbenpumpe und Vorpumpe ist wirksamer, da der Dampf mit höherer Temperatur und höherem Druck in den Kondensator einströmt und eine kleine Vorpumpe nur einen Teil des Dampfes absaugt. Bei der Destillation kann durch Regelung des Saugvermögens der Vorpumpe der Verlust an Kondensat minimiert werden.
Die oben angestellten theoretischen Grundlagen werden für die Auslegung von Wälzkolbenpumpständen vielfach angewendet. Abbildung 2.5 zeigt eine Vakuumlösung zur Reduktion der Restfeuchte des eingesetzten Papiermaterials bei der Produktion von Seekabeln. Ein Vorkondensator (im Bild nicht dargestellt) kondensiert den Wasserdampf hauptsächlich in der ersten Trocknungsphase bei hohen Prozessdrücken. Ein Zwischenkondensator schützt die nachgeschaltete Drehschieberpumpe BA 501 und kondensiert den Wasserdampf hauptsächlich in einer zweiten Trocknungsphase.
Abbildung 2.6 zeigt einen zur Transformatorentrocknung eingesetzten Wälzkolbenpumpstand. Der Zwischenkondensator reduziert die Restfeuchte des eingesetzten Materials so weit, dass die Wasserdampfkapazität der nachgeschaltete Drehschieberpumpe BA 501 nicht überschritten wird.
Abbildung 2.5: Wälzkolbenpumpstand zur Dampfkondensation
Abbildung 2.6: Wälzkolbenpumpstand zur Trafotrocknung